Bye, Bürstenverkäufer

„Aber sehen Sie, darüber wollte ich exakt mit Ihnen reden, als ich sie am 20.8.2011 zu einem Gespräch zur Finanzoptimierung eingeladen habe. Und davor am 17.5.2011. Und davor am…“

Ich gebe es auf. Sie versteht einfach nicht, dass es mich als Kunden nun gerade nicht wirklich fröhlich stimmt, dass Sie mir quasi ein „Selbst Schuld“ an den Kopf wirft, und das mit Datum und Uhrzeit belegt.

Was ist passiert?

Ich bin, aus Gründen der Bequemlichkeit in Tateinheit mit einem Schuss Nostalgie, Kunde bei der Volksbank, und zwar in dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin. Ich bin halt bei der Filiale geblieben. Zuerst, weil ich die Leute dort kannte und mochte. Mittlerweile lebe ich 60 Kilometer entfernt, aber seitdem alles online geht, ist es ja quasi egal wo man sitzt. Die Leute, wegen denen ich damals bei der Bank geblieben bin, gibt es schon lange nicht mehr, und die neue Generation weiß Kundenbindung zuverlässig zu verhindern – man erinnere sich nur an das Drama, als ich eine Kreditkarte wollte, aber keinen Bock hatte, da vorbeizufahren. Vorbeifahren geht halt nur während der Arbeitszeiten der Volksbank, und die sind von 12 bis Mittag. Ich muss mir für einen Besuch bei meiner Bank also einen Tag Urlaub nehmen. Urlaub ist kostbar, und die „Finanzoptimierung“, für die ich vorbeikommen sollte, hört sich für mich nach Geschwurbel an, bei dem mir die Bankschergen nur wieder versuchen, unnütze Versicherungen, Fondpapiere oder die drölfte Altersvorsorge anzudrehen. Oder ein Bürstenset. Oder Gemüsereiben. Sie verstehen, was ich meine.

Hätten die Komiker auch nur einmal, nur ein einziges Mal, eine konkrete Info fallen lassen, was sie damit konkret meinen, ich wäre geneigt gewesen Ihnen zuzuhören. Aber dooferweise weiß nur die Chefin, was Finanzoptimierung ist, und nicht das Mäusschen, dass telefonisch die Termine macht. Und so musste ich selbst entdecken, dass die Volksbank sich ungefragt an meinem Konto bedient.

Klar, ich hatte durchaus schonmal einen Blick auf den Kontoauszug geworfen und dabei zumindest wahrgenommen, dass die Kontoführungsgebühr 7,50 beträgt. Aber herrje, 7,50 im Quartal, das sind 2,50 im Monat und liegt sicherlich höher als bei anderen Volksbanken, die nur 1,95 nehmen, aber wegen dem Gegenwert einer Briefmarke wechselt man ja nicht gleich. Allein der Aufwand, ÜBERALL, beim Arbeitgeber, Versicherungen, Versorgern, Shops die Bankverbidnung ändern zu müssen, lässt einen vom Wechselgedanken relativ schnell Abstand nehmen. Dachte ich.

Bis ich gestern entdeckte, dass ich sieben verdammte Euro fünzig IM MONAT zahle, dazu kommen dann noch Kreditkartengebühren für die „Inklusivkarte“ und sogar Auslandsgebühren. WTF? Also schnell mal ein Telefonat mit der Chefin anberaumt und gefragt, ob sie noch alle Latten am Zaun haben.

„Aber sehen Sie, darüber wollte ich exakt mit Ihnen reden, als ich sie am 20.8.2011 zu einem Gespräch zur Finanzoptimierung eingeladen habe. Und davor am 17.5.2011. Und davor am…“

Man hätte mich, da ich nicht bereit gewesen bin, einen Urlaubstag bei ihnen zu verbringen, in die „Komfortklasse“ der Kontoinhaber eingeteilt. „Komfortklasse“ bedeutet: Ich darf unendlich viele Papierüberweisungen einwerfen und verfüge über jede Menge Sonderleistungen, von denen ich weder etwas wusste geschweige denn sie brauche. Vermutlich gibt es auch ein kostenloses Bürstenset irgendwo im Superkomfortpaket.

„Natürlich geht das auch günstiger“, sagt die VoBa-Frau. Für nur 3,50 Euro im Monat, aber dann müsste ich auf Komfort und Fussmassagen und Bürstenset verzichten, und das hätte sie ja in einem Finanzoptimierungsgespräch sagen wollen.

Ich komme mir veralbert vor. Und abgezockt. Die Eingruppierung in die Superluxus-mit-Schlagsahne-und-Bürstenset-Nutzergruppe ist nämlich anscheinend erst erfolgt, nachdem ich zum wiederholten Mal das Gesprächsangebot abgelehnt hatte. Eine Trotzreaktion? Wäre nicht das erste Mal, beim Kreditkartendrama hatten sie meinen Geburtstort und mein Geburtsdatum verändert, um mir anschliessend vorzuwerfen, dass man „in einem persönlichen Gespräch ja auch die Stammdaten nochmal durchgegangene wäre.“ Ist das eine Art der Bestrafung, die die popelige Dorf-VoBa sich da leistet? „Nein, so können Sie das nicht sehen. Wir wollen Ihnen nur allen erdenklichen Komfort bieten und sie nicht einschränken. Wir sind immer für Sie da,“ flötet Sie ins Telefon. „Gut. Dann können Sie mir sicherlich jetzt auch Informationen darüber geben, was im Falle einer Kontoauflösung zu tun ist. Nur, falls das mal notwendig werden sollte, haha.“
„Haha, oh, das meinen Sie nicht ernst, nicht wahr? Wir könnten Ihnen auch so ein schönes anderes Konto anbieten, da können Sie…“

Ich glaube, ich leiste mir den Gag und nehme einen Tag Urlaub, fahre 60 Kilometer zu einem Beratungsgespräch zur Finanzoptimierung trinke den schlechten Volksbankkaffee und fresse alle Kekse weg. Zum Abschluss lege ich dann meine Kündigung auf den Tisch und lasse verlauten, dass ich zwecks persönlicher Finanzoptimierung zu einer anderen Bank wechsele. Mit einem gebührenfreien Konto, mit gebührenfreier Kreditkarte. Zu einer Bank, die sich nicht an mir rächt, weil ich darum bitte, dass man mir nicht auf den Sacque geht. Das mache ich aber erst, wenn das neue Konto eingerichtet ist – wer weiß, was die Schergen sich sonst noch an subtilen Aktionen einfallen lassen.

Kategorien: Gnadenloses Leben | 12 Kommentare

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12 Gedanken zu „Bye, Bürstenverkäufer

  1. Pi (3,14159...)

    ein ganz pragmatischer Hinweis:
    Viele Banken, die ein kostenloses Grio-Konto anbieten, bieten auch einen Wechsel-service, d. h. man sagt der Bank einfach, wen sie alles anschreiben sollen und die schicken denen dann einfach die neue Bankverbindung.

    Insofern ist der Kontowechsel sogar relativ KOMFORTabel.

    Weiterer Tipp: von einem Bekannten werben lassen, dann bekommen der Werber und der geworbene sogar noch extra kohle. Macht z. B. die .comdirect.

    Tipp 3: Nicht zur Commerzbank wecheseln, denn die sind ähnlich penetrant gegenüber beratungsresistenten Kunden und erlauben sich sogar, Kunden blöd anzureden, wenn z. B. das Konto am Monatsanfang im Minus ist (ein Bekannter bekommt sein Gehalt immer am 15. s. d. wenn es eben am Monatsanfang knapp ist) und versuchen dass dann zum Anlass zu nehmen, einem einen Privatkredit aufzuschwatzen.

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  2. haha, sehr schön.
    3,50€/Monat zahle ich glaub ich auch, dafür habe ich das Recht, ein- bis zweimal pro Jahr eine persönliche Beratung zu bekommen und darf immer anrufen (während der Geschäftszeiten), allerdings ist meine liebste Bankfrau in der Lage emails zu lesen und zu beantworten, und das ist schon inclusive. 🙂
    und die Kreditkarte ist eh immer nur das 1. Jahr kostenlos….

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  3. Pi: Dankeschön für die Tips. Vor dem Wechsel habe ich, ehrlich gesagt, keine Angst – ich habe innerhalb von 12 Monaten zwei Umzüge inkl. aller Ummeldungen bei Vereinen, Kassen, Versicherungen, etc. gemanaged und werde das ganz zügig hinbekommen. Ich habe schon eine neue Bank, und mich in der Tat werben lassen. Muss der Werber jetzt sehen, was er mit den Prämienpunkten macht, die er in Flugmeilen eintauschen kann – vielleicht kann er Flugmeilen in Rewe-Herzchen umtauschen, und bekommt dann am Ende ein Glas Senf dafür oder so 😀
    Gegen Commerzbank bin ich allergisch, die sind gar nicht in die engere Wahl gekommen.

    Markus. Hihihi, gnichel, persönliche Beratung MUAHAHAHA https://silencer137.wordpress.com/2009/08/19/konnensenichmal-vorbeikommen-3/

    Kreditkarte gibt es bei manchen tatsächlich dauerhaft kostenlos, dafür dann aber keine persönliche Beratung (Gnihihihi). Für mich sind Direktbanken erfunden worden 🙂

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  4. Die betteln ja förmlich darum ultimativ verarscht zu werden. ….

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  5. ja, also ich habe es da zugegebenermassen etwas bequemer, miene liebste Bankfrau sitzt ~5 Autominuten von mir entfernt (wenn man einen Parkplatz findet) und ist wirklich eine Nette. und sieht sogar ganz gut aus dabei. und hat lecker Kekse. und, nachdem das einmal geklärt war, versucht Sie auch nicht mehr mir jährlich irgendwelche spannenden Sachen anzudrehen… 🙂

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  6. Pi (3,14159...)

    Au ja, ich will auch eine Bank, bei der es umsonst Cappuccino und Kekse und nette Gesprächspartnerinnen im heiratsfähigen Alter gibt!

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  7. ohne Worte.
    rausgehen.
    meine Bank kann ich in Richtung Transparenz und Onlinebuchungen empfehlen. Sparda. Sowohl in HH als auch in BY gut.

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  8. Markus: Wenn es nach Aussehen ginge, müsste ich zur hiesigen Sparkasse, das stellt die Altherren-Führungsriege offensichtlich schon die Azubis nach Aussehen und Oberweite ein.

    MIttenmank: Ist Sparda und Voba nicht eigentlich das gleiche, zumindest vom Label? Letztlich sind auch Volksbanken immer lokale und regionale Konstrukte, die sogar miteinander konkurrieren.

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  9. Habe gerade das Ident-Verfahren für die Deutsche Kreditbank gemacht. Eine Direktbank. Mal gucken wie die sich anstellen.

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  10. Ich habe ja irgendwie noch die Vorstellung, dass bei Volksbank und Sparkasse wenigstens noch Menschen angestellt sind, die dort Lohn und Brot verdienen. Während diese Direktbanken in mir die Vorstellung von seelenlosen Bankenzombies wecken, die nur aus Automaten bestehen.

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  11. Dann will ich lieber seelenlose Zombies als beledigte und rachsüchtige Menschen 😀
    Wobei die manchmal auch schon wie Zombies aussehen, die Bankmenschen. Also, zumindest die am Schalter. Die Führungsriege sieht so blutleer aus, dass sie an Vampire erinnern.

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  12. ZZR-Chris

    ah, das Drama mit der VoBa! Bin jetzt auch soweit, dass ich das Girokonto, das ab Oktober auch 7,50€ pro Monat kosten soll (btw. Haben-Zinsen =0,00%!), kündigen werde.
    DKB, sehr gute Wahl! Bin ich auch seit ca. einem Jahr. Alles easy, problemlos und vorallem kostenlos! Hau rein!

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